„Triple A” heißt das Prinzip, das einen guten Führungsstil ausmacht: Es setzt sich
zusammen aus Aufmerksamkeit, Anerkennung und Anregung. Diese wurden den
Künstlerinnen und Künstlern zuteil, die sich an der Ausstellung anlässlich der XX.
Rosa-Luxemburg-Konferenz in der Urania Berlin beteiligt hatten.
Zur Vernissage am Vormittag gab es ein kleines Rahmenprogramm. Neben der
Laudatio des Künstlers Joachim Geserick von der Gruppe tendenzen Berlin, trug der
Berliner Schauspieler Reinhard Kuhnert einen Text aus der Edition Steffen Trodler vor.
Wojtek Jurgiel ließ mit seinem Akkordeonspiel die Herzen der Anwesenden höher
schlagen, besonders als er in der Zugabe einen „Tango für Charlie” erklingen ließ.
Von weit her und aus vielen Orten der Bundesrepublik waren 44 Kunstschaffende
nach Berlin gekommen, um ihre Werke einer interessierten Öffentlichkeit zu zeigen.
Es entstand eine Präsentation, die es nur selten zu erleben gibt. Nicht nur das
Publikum war begeistert von der medialen, stilistischen und technischen Vielfalt sowie
der Farbigkeit der Exponate; auch die Ausstellenden selbst zollten sich gegenseitigen
Respekt und genossen die Kommunikation untereinander sowie mit den
Besucherinnen und Besuchern.
Einig in der Parteinahme gegen Krieg, Elend und Not, blieb in den Kunstwerken
kaum ein Aspekt des Themas unangesprochen. Aufklärung über Hintergründe
verlogener Kriege, deren historische Kontinuität, die schlimmen Folgen für die zum
„Kollateralschaden” reduzierte Zivilbevölkerung; deren Vertreibung aus ihrer mit
wertvollen Bodenschätzen ausgestatteten oder strategisch wichtigen Heimat, sowie
ihre Flucht, auf der sie zu „Wirtschaftsflüchtlingen” diskriminiert werden. Zu sehen
waren Trauer, Hoffnungslosigkeit und Mitgefühl, aber auch Aufruf zum Kampf für
Leben und eine bessere solidarische und humanistische Welt. „Nur das streitbare
Wort soll vernünftige Waffe sein”, so der Titel eines der Antikriegsplakate zu Rosa
Luxemburg von Klaus Schmitt aus Dresden. In diesem Sinne gestaltete auch Rudolf
Sittner aus Cottbus seine großformatigen Grafiken zu Texten von Pablo Neruda und
Peter Huchel. Dinara Daniel aus Heidelberg zeigte in einer Collage das Portrait eines
Kindes, dessen Mund mit Ausschnitten gängiger deutscher Publikationen verklebt
wurde: „Wir wollen Eure Bomben nicht! Kinder der Ostukraine”. Dazu äußerte sich
auch Marco Schaub aus Gera mit der Ikone einer trauernden „Madonna vom Maidan”.
Clementine Klein aus Köln stellte mit ihren Radierungen und einer Installation die
Frage: „Krieg, und du?” Sehr beeindruckend war auch die Installation von Rainer
Roeder aus Föhren: ein Feld Soldaten symbolisierender abgebrannter Streichhölzer –
„Send more” so der Titel. Karin Rindler malte in „Heimtragung” großformatig eine
Szene, in der ein unbekleideter Soldat seinen geliebten getöteten Freund trägt.
Historische Aspekte der Kriegsgräuel thematisierten Fidelsdaughter aus Berlin und
auch Juliana Hümpfner aus Saarbrücken mit dem schwer zu ertragenden Anblick
eines durch „Yperit” verletzten Soldaten. Toni Köhler-Terz aus Lauscha fragte mit
einem überdimensional groß gestalteten uralten Gesicht: „Schon alles vergessen?”
„War on people” könnte man die Werke von Narine Zolyan aus Quedlinburg betiteln,
die Folter und Genozid an der armenischen Bevölkerung thematisierten.
Ausgrenzung, Verfolgung, Vertreibung und Flucht waren Themen von Ula Richter
aus Dortmund, Eberhard Trodler aus Stahnsdorf und Brozilla aus Hamburg. Annamalt
aus Föhren stellte die grausame Situation der Palästinenser dar. „Deadly calculation”
betitelte Mariele Bergmann ihre Installation, um die über Leichen gehende
Ausbeuterpraxis zu thematisieren. Bärbel Brede aus Teltow stellte in einem ihrer Bilder
den Zusammenhang zwischen den Katastrophen von Bangladesh und unserem
bedenkenlosen Konsumverhalten dar.
Ein weiterer Aspekt der Ausstellung waren die Gestaltung von Mut, Widerstand und
Solidarität. „Con tu querida presencia, commandante Che Guevara” nannte von Gerrit
Marsen aus Frankfurt am Main sein an Rousseau erinnerndes Triptychon. Holger
Hertwig aus Bremen malte die Szene einer Verbrüderung gegnerischer Soldaten, die
gemeinsam durch Umarmung einen Panzer aufhalten wollen. Dabei gehen die
Gedanken zu denjenigen, die im 1. Weltkrieg wegen Verbrüderung zum Tode verurteilt
worden sind. Kerstin Wüstenhöfer gibt einem ihrer Gemälde als Titel die weise
Mahnung „Red Indian Prophecy”. Joachim Geserick aus Berlin fordert in einer
Demonstrationsszene mit Frauen aus Bangladesh: „Menschliche Würde für arbeitende
Frauen und Männer!” Irmgard Voelz aus Berlin setzte jener Friedensaktivistin ein
Denkmal, die seit über 20 Jahren in Washington in einem Zelt vor dem Weißen Haus
lebt und gegen Kriege demonstriert. Michael Chrapek aus Berlin
verleiht seiner Überzeugung Ausdruck, dass der Wunsch des Menschen nach einer
gerechten, solidarischen Welt unbesiegbar ist.
Eine sehenswerte Ausstellung! Sie sollte noch mehr Künstlerinnen und Künstler
ermutigen und Ariadnefaden für ihr künstlerisches Engagement sein. Für die einfache
Sache, die so schwer zu machen ist: eine gerechte Welt für alle Menschen.
Bärbel Brede
Teltow, 14.01.2015